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«Wir schwimmen auf einer Welle»

Die Schweiz schreibt das nächste Kapitel ihres WM-Märchens: Im ersten Spiel der Hauptrunde zeigt sie einen heroischen Kampf und bezwingt Island mit 20:18.


Stephan Santschi



«Die Sahne auf dem fertig gebackenen Kuchen fehlt.» So resümierte Nationaltrainer Michael Suter die fantastische Leistung am Montag, als sein Team im letzten WM-Vorrundenspiel gegen Frankreich unglücklich mit 24:25 verloren hatte. Am Mittwoch nun, in der ersten Partie der Hauptrunde, lieferte die Schweiz die süsse Veredlung nach – mit 20:18 bezwang sie Island, einen Kontrahenten aus der erweiterten Weltspitze. «Wir schwimmen auf einer Welle, bringen von Spiel zu Spiel grossartige Leistungen», frohlockte Spielmacher Andy Schmid. «Wir haben bewiesen, dass wir gegen solche Mannschaften nicht nur mithalten, sondern auch gewinnen können», sagte Goalie Nikola Portner. Und Nationaltrainer Suter hielt fest: «Es freut mich, dass wir in schwierigen Coronazeiten etwas Glück, Zufriedenheit und gute Laune in die Stuben bringen können.» Ausgerechnet gegen Island gelingt den Schweizern also dieser Exploit. Im vergangenen Juni hatten sie noch gehadert, als die WM-Playoffs gegen den gleichen Gegner wegen Corona gestrichen worden waren.


Schweizer Abwehr wieder auf Weltklasse-Niveau

Hätte es noch eines Beweises bedurft, dass sich die Eidgenossen die WM-Nachnomination für die USA verdient haben, dann lieferten sie ihn am Mittwoch. Es war ein unglaublich intensiver Abnützungskampf, in dem beide Teams dem harten Turnierprogramm Tribut zollten. «Bei mir fühlte es sich so an, als hätte mir schon nach fünf Minuten einer den Stecker gezogen. Doch ich bin ja auch schon 37, andere sind jünger», sagte Schmid mit einem Schmunzeln. Tatsächlich kam der viel belastete Regisseur nicht so richtig auf Touren, generell war es nicht das Spiel der Angriffsreihen. Auf beiden Seiten wurde kompakt verteidigt, hart gedeckt, heroisch gekämpft. «Gegen Frankreich spielten wir hinten perfekt. Doch gegen Island haben wir das nochmals übertroffen. Eine Mannschaft, die es sich gewohnt ist, 28, 30 oder 35 Treffer zu erzielen, kommt nur auf 18 Tore. Unglaublich», schwärmte Suter.


Nikola Portner mit dem Spiel seines Lebens

Mehr als mit zwei Toren lag nie ein Team in Front, meistens war es die Schweiz, die führte – so auch zur Pause, beim Stand von 10:9. Auch die zweite Halbzeit, die für Island bald die rote Karte gegen den 40-jährigen Alexander Petersson mit sich brachte (Schlag ins Gesicht von Nicolas Raemy), war hart umstritten, nach 45 Minuten führte die Schweiz 14:13. Raemy, zuletzt im Formtief, drehte auf, Roman Sidorowicz setzte wichtige Impulse, Jonas Schelker sorgte während seinen ersten WM-Minuten für Schwung und ein erstes Tor. Überragend war aber weiterhin die Defensivarbeit – mit den Abwehrgenerälen Samuel Röthlisberger und Michal Svajlen im Zentrum, mit den Adjutanten Alen Milosevic und Cédrie Tynowski an ihren Seiten. Und dahinter mit einem Mann, der im Nationalteam das Spiel seines Lebens zeigte. 13 Paraden gelangen Goalie Nikola Portner, die meisten waren Big Saves, jede einzelne von entscheidender Bedeutung. Und als er kurz mal seinem Stellvertreter Aurel Bringolf Platz machte, parierte dieser auch gleich noch einen Penalty (51./16:15). «Ich bin stolz, das Schweizer Kreuz auf der Brust zu tragen und mit diesen Gielen spielen zu dürfen», sagte Portner. «Wir geniessen es zusammen, auf dem Feld und ausserhalb davon.»


Am Freitag spielt die Schweiz gegen Portugal

In einer Partie mit ungewohnten, technischen Fehlern und einem eher mässigen Tempo musste die SHV-Auswahl die letzten Reserven anzapfen, um den Exploit zu sichern. Die Isländer, begünstigt durch eine fragwürdige Zweiminutenstrafe gegen Röthlisberger, gingen in der 55. Minute mit 17:16 in Führung. Wie schon gegen Frankreich drohte den Schweizern kurz vor Schluss die Belohnung zu entgleiten. Doch sie bissen sich durch, Tynowski, Sidorowicz und der angeschlagene Marvin Lier erzielten im 7:6-Überzahlspiel drei Tore in Serie. 38 Sekunden vor Schluss führte die Schweiz mit 19:18, ehe Schmid mit einem Durchbruch den Schlusspunkt hinter das nächste Kapitel dieses WM-Märchens setzte. Die nächsten Seiten sind dabei bereits reserviert, und zwar für das zweite Spiel der Hauptrunde am Freitag gegen Portugal. «Es läuft, nun sollten wir nicht zu viel überlegen, Portugal ist ein ähnliches Kaliber wie Island», sagte Schmid. Und gab die Marschrichtung sogleich bekannt: «Vollgas drauflos!»


Schweiz - Island 20:18 (10:9) Madinat Sittah Uktubar. Keine Zuschauer. SR Schulze/Tönnies (GER). Torfolge: 2:1, 2:3, 5:3, 7:5, 7:7, 10:9; 11:9, 11:11, 13:11, 13:13, 14:13, 14:15, 16:15, 16:17 (55.), 19:17, 20:18. Strafen: 5mal 2 Minuten gegen die Schweiz, 2mal 2 Minuten plus Rote Karte (Petersson/33.) gegen Island.

Schweiz: Portner (13 Paraden)/Bringolf (für 1 Penalty/1 Parade); Schmid (6 Tore/1), Rubin (1), Tynowski (3), Svajlen, Lier (1), Sidorowicz (4), Raemy (3), Röthlisberger, Schelker (1), Tominec, Zehnder, Milosevic (1), Novak, Ben Romdhane.

Island: Björgvinsson (1 Parade)/Gustavsson (2 Tore, 9 Paraden); Viggo Kristjansson (2 Tore/1), Elisson (2/1), Jonsson (2), Gislason, Gudmundsson (4), Petersson (1), Gunnarsson, Gisli Kristjansson (2), Arnarsson, Gudjonsson (1), Gretarsson (1), Kristjan Kristjansson (1), Vidarsson.

Bemerkungen: Schweiz ohne Meister (verletzt), Küttel (krank), Maros (positiv auf Corona getestet), Gerbl und Grazioli (beide überzählig). Portner hält Penalty von Elisson (39./13:12). Bringolf hält Penalty von Viggo Kristjansson (51./16:15).



Erste Niederlage für die Portugiesen

Zum Auftakt in die Hauptrunde gewann Norwegen den Spitzenkampf der Gruppe 3 gegen Portugal mit 29:28. Im letzten Angriff versuchte Portugal den Ausgleich im 7:6-Überzahlspiel zu erzwingen. Doch der Abschluss von Rui Silva landete in der Schlusssekunde am Pfosten. Die Portugiesen, die am Freitag auf die Schweiz treffen (15.30 Uhr, live auf TV24) kassierten damit die erste Niederlage an dieser WM. Damit bleibt es spannend, in der Tabelle kommt es zu einem Zusammenrücken. Portugal und Norwegen liegen mit vier Zählern auf den Plätzen zwei und drei, zwei Punkte hinter Leader Frankreich. Auch die Schweiz hat mit zwei Punkten noch Chancen auf einen Platz in den Top zwei, der die Viertelfinal-Qualifikation einbringen würde.


Die Franzosen sind zum Auftakt der Hauptrunde wieder mit einem blauen Auge davongekommen. Wie schon am Montag gegen die Schweiz (25:24-Sieg) taten sie sich sehr schwer, diesmal hiess der aufmüpfige Underdog Algerien. Dem Drittklassierten der Afrikameisterschaft 2020 gelang ein Blitzstart, nach acht Minuten führte er mit 6:2. Die Franzosen drehten zwar das Spiel, führten nach 26 Minuten mit 15:11. Doch bis zur 40 Minute kämpften sich die Algerier wieder heran, glichen zum 20:20 aus und schnupperten an der Sensation. Letztlich flatterten ihre Nerven in den entscheidenden Momenten aber etwas zu heftig, Frankreich profitierte und siegte 29:26.


1. Hauptrundenspieltag, Resultate Gruppen III und IV

Frankreich – Algerien 29:26 / Schweiz – Island 20:18 / Portugal – Norwegen 28:29

Schweden – Weissrussland 26:26 / Russland – Ägypten 23:28 / Nord Mazedonien – Slowenien 21:3

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