Gigantenduell schon im EM-Halbfinal
Bilanz EM-Hauptrunde: Weil Norwegen am letzten Spieltag gegen Dänemark verlor, geht es nun gegen Frankreich, die Däninnen spielen gegen Montenegro ums Finalticket.
Das allerletzte Hauptrundenspiel am Mittwochabend entschied bei der Frauen-Europameisterschaft erst die Paarungen der Halbfinals am Freitag, und dort kommt es bereits zum vorgezogenen Endspiel, zum Duell der Giganten – Welt- und Europameister Norwegen gegen Olympiasieger Frankreich. «Normalerweise stehen wir uns erst im Endspiel gegenüber, jetzt eben schon im Halbfinal. Wenn wir diese Trophäe am Sonntag gewinnen wollen, müssen wir Norwegen eben schlagen», sagte Frankreichs Abwehrchefin Beatrice Edwige.
Dass es zu diesem Duell kommt, lag an der ersten EM-Niederlage Norwegens nach zuvor 16 Siegen seit 2018 in Folge. Überraschend sicherte sich Dänemark durch das 31:29 im letzten Hauptrundenspiel in Ljubljana den Gruppensieg – und trifft am Freitag im Halbfinale auf Montenegro. Überragende dänische Spielerin war wieder einmal Torfrau und Welthandballerin Sandra Toft.
Frankreich ungeschlagen
Dänemark, das nach der Auftaktniederlage in der Vorrunde gegen Gastgeber Slowenien erheblich unter Druck stand, feierte danach fünf Siege in Folge, inklusive in allen drei Hauptrundenspielen gegen Ungarn, Kroatien und schliesslich Norwegen. Bis zum letzten Spieltag konnten auch noch Schweden und Slowenen in dieser Gruppe aufs Halbfinale hoffen, nachdem sich Norwegen vorzeitig qualifiziert hatte. Doch Slowenien leistete sich eine überraschende Niederlage gegen Ungarn, und Schweden reichte der Sieg gegen Kroatien nicht, weil man die direkten Duelle gegen Norwegen und Dänemark verloren hatte.
In Gruppe II in Skopje hatte Frankreich indes eine eindrucksvolle Machtdemonstration hingelegt – und ist das einzig ungeschlagene Team der Europameisterschaft: Erstmals überhaupt gelang dem Olympiasieger bei einer Europameisterschaft ein Durchmarsch mit sechs Siegen in den ersten sechs Spielen, besonders beeindruckend war das 27:19 gegen den bis dato ebenfalls Vorrunden-Gruppensieger Montenegro. Doch die Balkan-Handballerinnen hatten am zweiten Hauptrundenspieltag wieder Glück und Geschick auf ihrer Seite – und sicherten sich vorzeitig durch den 35:34-Zittersieg gegen Rumänien das Halbfinalticket. Die Rumänen sprachen nach der Niederlage allerdings von Betrug und Schiebung.
Am letzten Spieltag ging es in Skopje somit nur noch um das Ticket zum Platzierungsspiel 5/6 in Ljubljana – das mit Blick auf ein direktes WM-Ticket und auch auf dem Weg in Richtung Olympia-Qualifikationsturniere für Paris 2024 enorme Bedeutung hat. Deutschland, das mit 0:4 zur Hauptrunde angereist war und mit einem sensationellen 36:28 gegen Ex-Weltmeister Niederlande gestartet war, setzte sich zunächst gegen Rumänien durch. Doch die Hoffnungen der DHB-Auswahl auf den Flug nach Ljubljana währten nur kurz: denn Montenegro schenkte das Spiel gegen die Niederlande ab, verlor 27:42 – und somit qualifizierten sich die Niederlande als Dritter vor Deutschland und Spanien (nur 1:5 Hauptrundenpunkte) für das Spiel um Platz fünf gegen Schweden.
Auch wenn Rumänien Gruppenletzter wurde, sorgte ihre Kapitänin für den Rekord: Dank ihrer 39 Turniertreffer wurde sie zur ersten Handballerin – und auch dem ersten Handballer – der bei Europameisterschaften mehr als 300 Tore erzielte, am Ende standen 303 Tore auf dem Konto der 34-Jährigen, die aber ankündigte, dass sie nach Olympia in Paris im Nationalteam aufhören möchte, und somit ihre letzte EM gespielt hat. Besondere Marken setzten auch Jovanka Radicevic aus Montenegro und Nora Mörk aus Norwegen, die als fünf und sechste Spielerinnen der EM-Geschichte mehr als 200 EM-Treffer erzielt haben – und beide noch im Turnier sind.
Unterschiedliche Zuschauer-Kulissen
Während bei den Spielen der Sloweninnen in Ljubljana bis zu 6000 Zuschauer waren, sah es in Skopje eher trist auf den Rängen aus – weil Gastgeber Nordmazedonien ja die Hauptrunde verpasst hatte. Die einzige Ausnahme bildeten die Spiele von Montenegro – bis zu 750 Fans hatten die sechs Autostunden über das Balkangebirge auf sich genommen und unterstützen ihre Mannschaft ähnlich frenetisch, aber nicht so lautstark wie in der Vorrunde in Podgorica.
Die Schweiz im Topf 1
Am Samstag wird es auch noch einmal für die Schweizer Handballerinnen spannend. Denn dann werden in Ljubljana die zehn Play-off-Paarungen für die Weltmeisterschaft 2023 ausgelost. Die gute Nachricht für das Team von Martin Albertsen: das Schweizer Remis gegen Kroatien ist Gold wert. Denn so ist die Schweiz in Topf 1 und trifft auf vermeintlich einfachere Gegner. Gespielt werden die Playoffs am 7. und 11./12. April 2023. Die drei Mannschaften, die sich von der EM für die Weltmeisterschaft qualifizieren, stehen bereits vor dem Finalwochenende fest: Weil die Halbfinalisten Norwegen und Dänemark sowie Schweden (Spiel um Platz 5) die Gastgeber sind, haben sich Frankreich, Montenegro und die Niederlande bereits das WM-Ticket gesichert.
Topf 1: Deutschland, Spanien, Rumänien, Ungarn, Slowenien Kroatien, Polen, Schweiz, Tschechien, Serbien
Topf 2: Nordmazedonien, Österreich, Slowakei, Island, Türkei, Italien, Ukraine, Portugal, Kosovo und Bosnien-Herzegowina.
Das Finalwochenende in Ljubljana:
Freitag, 18. November:
15.00 Uhr: Spiel um Platz fünf: Schweden – Niederlande
Halbfinals:
17.45 Uhr: Dänemark – Montenegro
20.30 Uhr: Norwegen - Frankreich
Sonntag, 20. November:
17.45 Uhr: Spiel um Platz drei
20.30 Uhr: Finale
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