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Diese Schweiz macht Lust auf mehr

Die Schweizer Handballer schlagen in einem letzten Kraftakt Italien mit 33:25 und beenden die WM auf dem grossartigen elften Platz. Sogar Titelverteidiger und Topfavorit Dänemark richtet ein Lob an die Mannschaft von Nationaltrainer Andy Schmid.


Text: Stephan Santschi Bilder: kolektiffimages


Es war ein herzliches Wiedersehen zwischen Nikolaj Jacobsen und Andy Schmid. Als Trainer und Spielmacher prägten sie bei den Rhein-Neckar Löwen eine Ära, gewannen zusammen zwei Meistertitel und einen Cup. Am vergangenen Donnerstag standen sie sich als Nationaltrainer gegenüber, nicht zum ersten Mal zwar, bereits letztes Jahr trafen sich Dänemark und die Schweiz bei Schmids Debüt zu einem Freundschaftsspiel. Diesmal aber traten sie erstmals in einem Ernstkampf aufeinander, auf der Weltbühne in Dänemark, in der Hauptrunde der Weltmeisterschaft. Am Ende gab es eine innige Umarmung der beiden Ausnahmeerscheinungen im internationalen Handball, gefolgt von netten Worten. «Dänemark befindet sich noch eine Stufe über der Weltspitze. Zwei Teams aus zwei verschiedenen Welten standen auf dem Platz, ich war teilweise nahe dran, den Dänen von der Bank aus zu applaudieren», sagte Schmid und er hielt fest: «Sie zeigten uns, wie schnell man passen, rennen und wie man auf verschiedene Arten verteidigen kann. Zudem hatten sie mit Nielsen einen unglaublichen Torhüter.»


Nikola Portner überzeugte und parierte stark mit 9 Paraden im Spiel gegen Italien.


Nikolaj Jacobsen: «Hut ab vor der Schweiz»

Sein Antipode und guter Freund Jacobsen hielt sich nach dem standesgemässen 39:28-Sieg ebenfalls nicht zurück: «Andy hat sich nicht einfach hingesetzt und gehofft, dass bei uns etwas schief läuft. Er hat alles probiert und versuchte, uns zu Fehlern zu provozieren. Wir wussten schon vor dem Spiel, dass wir die bessere Mannschaft sind, aber die Schweiz hat es gut gemacht. Hut ab, sie hat mutig und nach vorne gespielt.» Vor allem die offensive Deckung auf Dänemarks Superstar Mathias Gidsel war bemerkenswert, doch die individuelle Qualität im Kader des aktuellen Olympiasiegers und dreifachen Weltmeisters war derart gross, dass in ihrem Spiel keine nachhaltige Unruhe aufkam. Die Schweizer verliessen den mit rund 15'000 Fans prall gefüllten Hexenkessel von Herning mit erhobenem Haupt und richteten ihren Fokus bereits auf die WM-Dernière, die das Gesamtabschneiden deutlich mehr prägen würde als das Duell mit Topfavorit Dänemark. Italien hiess der Konkurrent am Samstag, jenes Italien, das uns gleich in doppelter Hinsicht in unschöner Erinnerung geblieben war. Zum Jahresauftakt verlor die Schweiz am Yellow-Cup nicht nur das Spiel (29:31), sondern auch Spielmacher Manuel Zehnder mit einer schweren Knieverletzung.


Top: Portner, 6:0-Abwehr und Rubin

Diesmal war die Schweiz allerdings klar überlegen, der 33:25-Sieg nie in Gefahr, die aufstrebenden Italiener waren chancenlos. Noch einmal warf die SHV-Auswahl alles in die Waagschale, was sie an dieser WM so stark gemacht hat. Ein hellwacher Nikola Portner im Tor, unter anderem parierte er drei Penaltys. Eine harmonierende 6:0-Defensive, schnelles Umschaltspiel und ein Lenny Rubin auf Topniveau. Letzterer avancierte mit 40 Treffern und 18 Assists nicht nur zum erfolgreichsten Schweizer Angreifer, sondern etablierte sich im Scoring-Klassement sogar auf Platz sechs. Und so zog Andy Schmid in einem ersten Statement ein durchwegs positives WM-Fazit. «Ich bin glücklich und stolz. Wir haben über sechs Spiele hinweg eine super Leistung gezeigt und letztlich nur gegen den Olympiasieger und den Vize-Olympiasieger verloren», meinte er mit Blick auf die Niederlagen gegen Dänemark (28:39) und Deutschland (29:31). Die Art und Weise, wie sich die Schweizer trotz Müdigkeit zum Schluss nochmals gegen die Italiener ins Zeug legten, bezeichnete er als eine «mehr als schöne Bestätigung für das Talent dieser Mannschaft».


Lenny Rubin (9 Tore) wurde im letzten Hauptrunden-Spiel gegen Italien als «Player of the Match» geehrt.


Noch funktionieren nicht alle Innovationen

Die Schweizer, die dank einer Wild Card dabei waren, beenden die WM auf dem elften Platz, so gut waren sie auf dieser Bühne seit 30 Jahren (1995; Platz 7) nicht mehr klassiert. Grössen wie Schweden, Spanien oder Slowenien stehen hinter uns. Die positiven Ergebnisse gegen Tschechien (17:17), Polen (30:28), Tunesien (37:26) und Italien (33:25) realisierten sie zwar gegen Nationen in Reichweite, doch angesichts des Ausfalls von Schlüsselspieler Zehnder zwölf Tage vor Turnierstart ist diese Leistung sehr hoch einzuschätzen. Schmid formierte in seinem ersten Amtsjahr eine geschlossene Einheit mit klarer Rollenverteilung, variablem Spiel und hohem Engagement. Am meisten freuen ihn die Fortschritte seines Teams, wobei er immer wieder betont, dass er gerne mehr Zeit für die Implementierung seiner Ideen haben würde. Gewisse Innovationen sind bisher nur sporadisch und wenig stilsicher erkennbar, sowohl im Angriff (7:6, 5:5 ohne Kreisläufer in Überzahl) als auch in der Abwehr (5:1- und 4:2-Variante). Das Entwicklungspotenzial des jüngsten Kaders aller 32 WM-Teilnehmer (Durchschnitt: 24,3 Jahre) ist indes weiterhin gross. Fest steht: Diese Schweiz macht Lust auf mehr. Und mehr gibt es im März, mit den EM-Qualifikationsspielen gegen die Türkei.


Italien – Schweiz 25:33 (9:14) Jyske Bank Boxen, Herning (Dä). – 11415 Zuschauer. – SR Gasmi/Gasmi (Fra). – Strafen: je 4-mal 2 Minuten. – Italien: Ebner (3 Paraden)/Pavani (5); Prantner (7 Tore/3), Bortoli (3), Marco Mengon (4), Simone Mengon (2), De Angelis (1), Iballi (1), Bulzamini (1); Bronzo, Parisini (4), Savini (1), Helmersson (1), Pirani, Marrochi, Sontacchi. – Schweiz: Portner (9 Paraden; 1 Tor)/Scheidiger (2); Steenaerts (2 Tore), Küttel (5), Aellen (2), Rubin (9), Leopold (1), Meister (1), Röthlisberger; Attenhofer, Maros (7), Ben Romdhane (1), Laube (2), Samuel Zehnder (2), Kusio, Willecke. – Bemerkungen: Schweiz ohne Manuel Zehnder (verletzt), Seravalli, Sigrist (überzählig). Prantner schiesst Penalty an die Latte (6./1:3). Portner pariert Penalties von Bronzo (13./5:9), Helmersson (21./7:12) und Pirani (27./9:13).


Dänemark – Schweiz 39:28 (18:11) Jyske Bank Boxen, Herning (Dä). – 14644 Zuschauer. – SR Lopez/Lenci (Arg). – Strafen: 1-mal 2 Minuten gegen Dänemark, 3-mal 2 Minuten gegen Schweiz. – Dänemark: Nielsen (23 Paraden); Kirkelokke (1 Tor), Landin (3/3), Jakobsen (3), Lauge (4), Saugstrup (1), Gidsel (6), Jörgensen (2), Hansen (3), Andersson (8), Bergholt, Hald, Arnoldsen (5), Pytlick (3), Madsen. – Schweiz: Portner (11 Paraden)/Scheidiger (6)/Seravalli; Meister (1 Tor), Rubin (4), Aellen (5), Kusio, Röthlisberger (2), Küttel (2), Maros (3), Steenaerts (2), Laube (1), Sigrist (1), Samuel Zehnder, Leopold (5), Ben Romdhane (2). – Bemerkungen: Schweiz ohne Manuel Zehnder (verletzt), Attenhofer und Willecke (beide überzählig). Portner pariert Penalty von Jakobsen (29./18:10).

 

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