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Die Schweiz begeistert – und verpasst einen historischen Sieg

Aktualisiert: 9. Mai

Die Schweizer sind mit dem 32:32-Remis im stimmungsvollen Zürcher Hallenstadion gegen Deutschland schlecht bedient. Doch der eine Punkt dürfte für die Qualifikation zur EM 2026 Gold wert sein.


Text: Stephan Santschi, Fotos: Foto Wagner



Noam Leopold zeigte gegen Deutschland eine sehr gute Leistung.


«Damit können wir nicht zufrieden sein. Wir sind nicht in die Zweikämpfe gegangen, wir waren nicht kompakt, wir waren nicht hart. Am Ende haben wir einen glücklichen Punkt geholt, der alles andere als verdient war.» Die Worte machen Eindruck, vor allem weil sie aus dem Munde eines Deutschen stammen, Luca Witzke. Der Spielmacher weiss, dass das 32:32-Remis in der Schweiz das Spielgeschehen am Mittwochabend nicht realistisch wiederzugeben vermag.


Die Schweizer zeigen am fünften Spieltag der EM-Qualifikation einen fantastischen Auftritt. Nur schon die Kulisse macht Eindruck im altehrwürdigen Zürcher Hallenstadion. Über 8300 Fans füllen die Tribünen, etwas weniger als vor neun Jahren, als man Deutschland hier vor einer Rekordkulisse (10'040) empfing, trotzdem ist die Atmosphäre elektrisierend. Damals verlor die Schweiz mit 22:23, diesmal resultiert ein Punktgewinn, der sich zunächst wie ein Punktverlust anfühlt.


Schweiz ist besser als der Vize-Olympiasieger

Warum? Weil die Schweiz besser ist als das Starensemble des Vize-Olympiasiegers. Zweimal steht es unentschieden, ganz zu Beginn beim 0:0 und ganz am Ende, weil Juri Knorr drei Sekunden vor Schluss den Penalty zum Ausgleich verwertet. Dazwischen führt der helvetische Aussenseiter, zuweilen mit bis zu fünf Toren Differenz (27./13:8). Selbst drei Minuten vor dem Abpfiff liegt er mit drei Treffern vorne (32:29), die Kräfte schwinden aber zusehends, der Weg in eine gute Abschlussposition wird immer beschwerlicher.

Nun macht sich das dünne Kader im Rückraum bemerkbar, gleich drei Spielmacher fehlen verletzungsbedingt (Manuel Zehnder, Jonas Schelker, Mehdi Ben Romdhane). Darüber hinaus ist der formstarke Linkshänder Michael Kusio aus privaten Gründen nicht im Aufgebot. Die Last der Spielzeit verteilt sich im Aufbau deshalb nur auf vier Akteure –  Lenny Rubin, Felix Aellen, Luka Maros und Luca Sigrist. Nur kurz steht Dimitrij Küttel auf der Platte, nach einer Knieverletzung ist er nicht in Form.


Oben (v.l.n.r.): Luca Maros und die Schweiz forderten Deutschland. Nikola Portner sorgte mit seinen Paraden für ein Polster früh im Spiel. Deutschlands Andi Wolff hielt sein Team im Spiel.

Unten (v.l.n.r.): Fans im entsprechenden Outfit im Hallenstadion. Die Einlaufkids beim Warten auf ihren Einsatz. Mehr als 8'000 Zuschauende fanden den Weg ins Zürcher Hallenstadion.


Taktik-Tüftelei von Trainer Andy Schmid

Die Schweizer wollen die Basics richtig machen, sich auf ihre Stärken besinnen, Emotionen zeigen, das erwähnen sie im Vorfeld mehrmals. Genau das tun sie, vor allem die Abwehrarbeit ist auf einem sehr hohen Niveau. Bis zur zehnten Minute und dem ersten Timeout von Deutschlands Chefcoach Alfred Gislason kassiert der Gastgeber nur einen Treffer und führt mit 5:1. Trainer Andy Schmid und sein Staff mit Fabian Böhm und Thomas Zimmermann, haben Vieles ausgetüftelt, immer wieder nerven sie den Favoriten mit taktischen Nadelstichen.

Zum Beispiel? Das wiederholte Einstreuen von 7-6-Phasen in der Offensive. Die 5-1-Formation beim Umschalten in die Defensive, die sich nach dem Brechen der ersten Angriffswelle ins 6-0 oder 4-2 zurückzieht. Auf den Halbpositionen stehen die Abwehrspieler oft etwas höher, um der physischen Wucht Deutschlands effektiver entgegenzutreten. Nach Gislasons Timeout überrascht die Schweiz kurzzeitig mit einer dreifachen Manndeckung. Die Eidgenossen auf dem Platz kämpfen wie Gladiatoren, Handball-Genius Schmid legt ihnen immer wieder die richtigen Waffen in die Hand.


Deshalb reicht es nicht ganz zum Coup

Und so wäre schliesslich mehr möglich gewesen, der erste Sieg gegen Deutschland seit sechs Jahren (29:27 im Testspiel in Düsseldorf), der erste in einem Pflichtspiel seit fast 30 Jahren. Die Ursachenforschung offenbart neben den schwindenden Kräften die schwache Chancenauswertung im Gegenstoss der ersten Halbzeit, sowie die mangelhafte Konsequenz in der Abwehr und die fehlenden Goalieparaden nach dem Seitenwechsel.

Vor allem darf die Schweiz aber stolz sein auf diese Parforceleistung gegen einen Kontrahenten, dem man im Januar 2024 an der EM (14:27) und in der EM-Qualifikation im November (26:35) chancenlos unterlegen war. «Wir haben die Schweizer Fans sichtlich begeistert. Logisch hätten wir gewinnen wollen und vielleicht auch sollen. Das Unentschieden bedeutet am Ende aber, dass wir sehr viel richtig gemacht haben», kommentiert Schmid.


Weltklasse-Wolff wirkt etwas kleiner

Der rund zwei Meter grosse Weltklasse-Goalie Andreas Wolff ist in den Köpfen der Schweizer etwas kleiner geworden, festgemacht an Linksaussen Noam Leopold, der mit neun Toren förmlich explodiert ist. Zudem dürfte sich der eine Punkt mit etwas Distanz wie ein Sieg anfühlen. Auch wenn wir im abschliessenden Gastspiel am kommenden Sonntag in Österreich (18 Uhr, SRF info) verlieren, ist uns die Qualifikation für die EM 2026 als einer der vier besten Gruppendritten kaum mehr zu nehmen.


Qualifikation zur EM 2026, Gruppe 7: Türkei – Schweiz 34:38. Österreich – Deutschland 26:26. Deutschland – Österreich 31:26. Schweiz – Türkei 30:27. Schweiz - Deutschland 32:32. Türkei - Österreich 27:32 – Rangliste (alle 5 Spiele): 1. Deutschland 8. 2. Österreich 6 (+3), 3. Schweiz 6 (-2). 4. Türkei 0; Top 2 und die vier besten Gruppendritten sind qualifiziert.

Nächste Spiele:  Österreich – Schweiz (So 11. Mai, 18 Uhr, Graz).


 
 
 

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