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Trotz klaren Niederlagen – viel gelernt und Erfahrungen gesammelt

Text: Ernesto Piazza Bild: Adrian Ehrbar



«Wir gehen mit viel mehr Glaube und Erfahrung an die EM», ist Nationaltrainer Martin Albertsen nach den drei Partien im Rahmen der Golden League in Dänemark überzeugt. Zwar setzte es gegen die Hochkaräter Norwegen, die Niederlande und die Gastgeberinnen deutliche Niederlagen ab. Und sie zeigten dem jungen Team klar auf, wo es steht. Gleichzeitig sind solche gesammelten Erfahrungen gegen absolute Topteams beim weiteren Entwicklungsprozess enorm wichtig. Oder wie es der Däne formuliert: Man habe auf dem Feld gelernt, wie gewisse Situationen gelöst werden könnten – und wie halt nicht.


Wenn man die einzelnen Begegnungen kurz Revue passieren lässt, gab es immer wieder Sequenzen, wo die Schweizerinnen im Spiel bleiben konnten. Nach gutem Start gegen Norwegen, dem aktuell wohl weltbesten Frauenteam, steigerten die Skandinavierinnen aber die Pace deutlich und demonstrierten ihre grosse Klasse. Letztlich resultierte eine 22:39-Niederlage. Wobei Albertsen allen Spielerinnen Einsatzzeit gewährte. Und so kamen Leah Stutz (LK Zug) und Sev Albrecht (Herzogenbuchsee) zu ihren Debüts im A-Nationalteam.


Gegen Dänemark brillierte das Team vor allem mit einer tollen ersten Hälfte. Der Headcoach sprach hinterher dann auch von «einer der besten Halbzeiten, die ich von diesem Team in den vergangenen vier Jahren gesehen habe». Dass das Spiel in den zweiten dreissig Minuten sich mehr und mehr zu einer klaren Angelegenheit entwickelte, lag mitunter daran, dass die Schweizerinnen verschiedene Hundertprozentige liegen liessen. Da fehlte die Coolness, die Abgebrühtheit auch, um gegen diese internationalen Topgegner mehr holen zu können.


Niederlande als Inspiration

Zum Abschluss erwies sich die Niederlande ebenfalls als ein übermächtiger Gegner. Es war die dritte Partie innert vier Tagen, was bei den Schweizerinnen auch physisch Spuren hinterliess. Holland, angeführt von der 251-fachen Nationalspielerin Laura van der Heijden und der Linkshänderin Angela Malestein, spielte das Ding solide nach Hause. Wobei man nicht vergessen darf, dass gerade die Niederlande mit ihrer Frauen-Akademie schon länger einen Weg beschreitet, der auch für die Schweiz inspirierend war.


Mit der Concordia-Handball-Akademie im OYM in Cham hatte der Schweizer Verband diesbezüglich mit dem Start vor etwas mehr als zwei Jahren ebenfalls einen wichtigen Schritt gemacht. Und die Ausbildung trägt erste Früchte. Doch um beim Beispiel Holland zu bleiben: Auch dort brauchte es eine gewisse Zeit, bis man sich der Weltspitze nähern konnte. Zudem waren in den Niederlande Ausland-Engagements von Spielerinnen damit verbunden. Was sich junge Schweizerinnen nun auch mehr und mehr zum Ziel setzen.


Vergleiche sind wichtig

Resultatmässig durfte man bei den Golden League von der Schweiz zwar nicht mehr erwarten. Für die Zukunft seien solche Vergleiche allerdings enorm wichtig, ist Albertsen überzeugt. Während Kerstin Kündig, die seit dieser Saison für das dänische Spitzenteam Viborg BK aufläuft, wie gewohnt die Fäden im Angriffsspiel zog, Regie führte und gegen Dänemark zur besten Schweizer Spielerin gewählt wurde, fiel diese Auszeichnung bei den beiden Partien gegen Holland und die Däninnen Mia Emmenegger zu. Die 17-jährige Spono-Flügelspielerin traf erstmals auf solch hochkarätige Gegner, entsprechend speziell waren die Eindrücke. «Es ist schon verrückt gegen die ganz Grossen des Frauenhandballs zu spielen. Noch vor kurzem hatte ich sie interessiert im Fernsehen bestaunt, jetzt begegnete ich ihnen auf dem Spielfeld.»


Mia Emmenegger, die als eines der ganz grossen Talente im Schweizer Frauenhandball gilt, beurteilt ihre Leistungen allerdings auch selbstkritisch. «Gegen Norwegen habe ich zu viele Bälle verworfen.» Das hält Martin Albertsen aber nicht davon ab, zu sagen: «Mia hat ein fantastisches Turnier gespielt.» Frappant war für die Linkshänderin vor allem der tempomässige Unterschied, im Vergleich zu dem, was sie bisher erlebte. «Damit umzugehen, muss man erst lernen.» Trotz der drei klaren Niederlagen gewinnt sie dem Turnier positive Aspekte ab. «Jeder dieser Lehrgänge bringt uns als Team näher zusammen – und zwar auf und neben dem Platz.»


Fehler werden brutal bestraft

Für Tabea Schmid waren es drei sehr anspruchsvolle Partien. Die Kreisläuferin des LC Brühl, die im letzten Sommer eine tolle U20 WM spielte und im März 2021 beim WM-Qualifikationsspiel gegen die Faröer Inseln ihr Debüt im A-Team gab, stellte vor allem fest, dass auf diesem Topniveau jeder Fehler brutal bestraft wird. «Wir wurden zeitweise mit Gegenstössen überrannt». Augenfällig war für sie auch das hohe Tempo – und zwar über die ganze Spieldauer. «Wobei wir auch immer wieder gute Phasen hatten und beispielsweise gegen Dänemark super erste 30 Minuten spielten.»


Noch fehle es aber an den körperlichen Voraussetzungen, auch an der Konstanz, um auf dem Level über die volle Spieldauer mitzuhalten. Wobei Tabea Schmid ebenfalls festhält, dass «wir innerhalb kurzer Zeit an diesem Turnier Fortschritte gemacht haben». Gut verstand sie sich mit Kerstin Kündig. «Zwischen uns passt es einfach. Ich weiss bei ihr genau, wie ich mich bewegen muss», erklärt die Brühl-Kreisläuferin. Obwohl sie nur noch eine halbe SPL1-Saison mit der Playmakerin zusammenspielte. Danach wechselte Kerstin Kündig ja zu Thüringen in die Deutsche Bundesliga.


Bis zur EM anfangs November bleibt der Schweiz noch ein wenig Zeit. In drei Wochen folgt ein letzter Test bei einem Turnier in Spanien. Dabei trifft man neben den Gastgeberinnen auf Ägypten sowie Tunesien. Für Tabea Schmid ist klar: ««Wir müssen in der uns bleibenden Zeit noch möglichst das Maximum aus uns herauszuholen.»


Mia Emmenegger ist überzeugt, dass «wir bis zur EM weiter zulegen». Mit Blick auf Slowenien hat der Staff den Spielerinnen nach dem Turnier zudem Hausaufgaben mit auf den Weg gegeben. «Wir müssen athletisch, mental und konditionell weiter hart an uns arbeiten», weiss die Eagles-Spielerin. Denn an den Europameisterschaften werden die Herausforderungen mit wiederum Norwegen, mit Ungarn und Kroatien nicht wirklich einfacher. «In Dänemark haben wir einen Vorgeschmack bekommen, was uns dort erwartet.».


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