«Diese EM wird ein Fest»
Im November und Dezember gehen in Basel sechs Spieltage der WOMEN’S EHF EURO 2024 über die Bühne. Es ist die erste Frauen-EM überhaupt, welche auf Schweizer Boden stattfindet. Für den Verband ein Leuchtturm-Projekt. Projektleiter Roger Keller erklärt, wie bereits über 12‘000 Tickets abgesetzt wurden, spricht über Nachhaltigkeit, Euphorie auf den Färöern sowie eine zweite neue Heimat.

Roger Keller und Catchy freuen sich riesig auf die Frauen Euro.
Das Interview ist im HANDBALLWORLD MAGAZIN anfangs September erstmals erschienen.
In rund 100 Tagen ist Heim-EM. Ist die Handball-Schweiz auf Kurs?
Ich schlafe immer noch sehr gut, ein positives Zeichen! Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Die wichtigsten Verträge bezüglich Arena, Hotels oder Transport sind unter Dach und Fach. Jetzt geht es an die Detailarbeiten. Ich bin sehr zuversichtlich.
Was ist deine grösste Herausforderung? Wir finanzieren uns primär über den Ticketverkauf. Erfreulicherweise läuft dieser für die Schweizer Spieltage sehr gut, über 12‘000 Tickets sind abgesetzt, es gibt nur noch wenige Karten. Die grösste Herausforderung ist nun aber der Ticketverkauf für die Spieltage der Gruppe C mit Frankreich, Spanien, Portugal und Polen. Wir möchten die EM mit einem möglichst guten finanziellen Ergebnis abschliessen, folglich wartet da noch einiges an Arbeit auf uns.
Heim-EM 2024 in Basel
Gemeinsam mit Österreich und Ungarn organisiert die Schweiz zwischen dem 28. November und 15. Dezember die WOMEN’S EHF EURO 2024. Dabei werden sämtliche Vorrunden-Partien der Gruppen C und D in der Basler St. Jakobshalle gespielt (28. November – 3. Dezember). Beide Gruppen bestehen aus vier Teams (Gruppe C: Frankreich, Spanien, Portugal, Polen – Gruppe D: Dänemark, Schweiz, Kroatien, Färöer). Jedes Team spielt in seiner Gruppe gegen jedes Team einmal, die Gruppenersten und -zweiten ziehen in die Hauptrunde ein. Eine allfällige Hauptrunde würde die Schweiz in Wien bestreiten. Die sechs Spieltage in Basel werden die ersten Partien einer Frauen-EM auf Schweizer Boden sein und die ersten Endrunden-Spiele seit der Männer-EM 2006. An jedem Spieltag finden zwei Partien statt. Es gibt lediglich Spieltages-Tickets – diese können via SHV oder EHF jetzt im Vorverkauf unter ticketcorner.ch erworben werden.
Kannst du den Aufwand in Zahlen beziffern? Es ist zu früh Zahlen zu nennen. Die Heim-EM ist aber das grösste Projekt des SHV seit langem. Zwei zusätzliche, bis und mit EM befristete Stellen wurden geschaffen. Susanne Nieth und Liv Olsen arbeiten bei mir im Projektteam. Und auch viele Kolleg*innen auf der Geschäftsstelle sind tagtäglich involviert. Während dem Turnier wird dann das ganze Geschäftsstellen-Team in Basel sein.
Da sind die Volunteers noch nicht einmal mitgezählt. Keine Gross-Veranstaltung ohne Volunteers! Wir benötigen rund 150 Freiwillige. Die Aufgaben sind vielfältig. Die Gast-Nationen brauchen einen Guide. Schiedsrichter*innen müssen von A nach B chauffiert werden. Die Sicherheit muss gewährleistet sein. Vor allem aber suchen wir noch Personen, die beim Auf- und Abbau in der St. Jakobshalle helfen. Und: Man kann sich auch als Maskottchen melden. Das Kostüm von Catchy ist klasse, eine Bewerbung lohnt sich!
Der Publikumsrekord für ein Frauenländerspiel der Schweiz – aufgestellt am 8. April 2023 in Basel mit 3124 Fans – wird an der Heim-EM mehrfach gebrochen, ja verdoppelt werden. Wie ist das möglich? Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung – aber nur möglich, dank dem grossen Engagement unserer Vereine, die sich an der letzten Mitgliederversammlung verpflichtet haben, EM-Tickets zu kaufen und nun bereits ein Grossteil der «Schweizer» Ticket erworben haben. Sicher trägt auch die positive sportliche Entwicklung unserer Nati dazu bei. Von der Gründung der CONCORDIA Handball-Akademie über die Erfolge bei den Juniorinnen-WMs bis zur ersten EM-Teilnahme des A-Nationalteams hat sich einiges getan.
Wie aber soll die Halle am Donnerstag, Samstag und Montag gefüllt werden, wenn die Schweiz nicht spielt? Eine Herkulesaufgabe. Wir möchten die Landsleute der Nationen der Gruppe C (Frankreich, Spanien, Portugal, Polen) in die St. Jakobshalle locken. Basel liegt an der Grenze zu Frankreich. In der Schweiz lebt eine grosse portugiesische wie auch spanische Community. Die ist mindestens Fussball-begeistert und soll nun auch Handball-Luft schnuppern. Um sie für die Spiele ihres Nationalteams zu gewinnen, sind verschiedene Massnahmen in Planung. Zudem gilt es festzuhalten: In Basel wird an allen Tagen Weltklasse-Handball gespielt! Frankreich ist Weltmeister und Olympia-Zweiter. Es wird hochattraktiver Handball für alle Sport-Begeisterten geboten. So hoffen wir – auch dank einem abwechslungsreichen Rahmenprogramm – auf volle (VIP)-Tribünen.
Was sind die Highlights dieses Rahmenprogramms? Wir feiern Geburtstag! Der SHV wird 50 Jahre alt, lädt am Freitagabend in Gehdistanz der St. Jakobshalle zur Jubiläumsparty und stellt auch den zweiten Schweizer Spieltag am Sonntag, 1. Dezember unter das Jubiläumsmotto. Besuchende sollen getreu dem Turnier-Motto «Catch the spirit» partizipieren. Mit einem normalen Ticket kommt man in den Genuss einer Fanzone, Podiumsgespräche, einem Fun-Parkour für die Kleinen und vielem mehr. Im VIP-Bereich diskutieren beispielsweise Andy Schmid und sein Eishockey-Pendant Patrick Fischer mit erfolgreichen Wirtschaftsfrauen. Am Eröffnungstag spielen die «Top Secret Drum Corps». Den Fans wird einiges geboten!
Hand aufs Herz. Wie viele Male warst Du im vergangenen Jahr in der St. Jakobshalle? Ich habe nicht gezählt, wohl ein bis zweimal Mal pro Woche. Fakt ist: Basel ist in den letzten Monaten meine zweite Heimat geworden – und das als Zürcher!
Bei deinen Tätigkeiten rund um die Heim-Euro greifst Du auf einen grossen Erfahrungsschatz zurück. Immerhin bist Du schon 2006 bei der Organisation der Männer-EM in der Schweiz mit an Bord gewesen. Es gibt Gerüchte, die besagen: «Schnäller, wie de Chäller» habe noch nie jemand ein EM-Marketing auf die Beine gestellt. (Lacht). Tatsächlich kam die Anfrage, die Marketing-Aufgaben für das Turnier zu übernehmen erst drei Monate vor der Eröffnungsfeier. Ob das ein Rekord ist, sollen andere beurteilen. Was sicher ist: Die Anforderungen, eine Europameisterschaft zu organisieren, sind heute viel komplexer. Nur schon die Koordination mit den Co-Veranstaltern Österreich und Ungarn sowie der EHF erfordert einiges.

Ein Grossturnier muss heute nachhaltig sein. In der Schweiz sowieso. Wie will der Verband dies erreichen? Wir haben die EM primär in die Schweiz geholt, um den Frauen-Handball nachhaltig zu fördern. So laufen Aktivitäten seit Monaten, teils seit Jahren. Erfolgreich sind wir vor allem in der Handballförderung. Das Förderprogramm «Handball macht Schule» kommt besonders in der Region Nordwestschweiz gut an: Die Anfragen aus den Schulen stiegen da um 70 Prozent! Unser Ziel ist es, dass Kinder und insbesondere Mädchen dank dieser EM Handball spielen möchten. So organisieren wir am Eröffnungstag eine Schulhandball-EM – oder die Kids kamen im Rahmen von «Nati trainiert die Nordwestschweiz», bei welchem Nationalspielerinnen bei regionalen Vereinen ein Training leiteten, bereits in Kontakt mit ihren weiblichen Vorbildern.
Blicken wir auf den Spielplan. Warum eröffnen am Donnerstagabend die Französinnen das Turnier und nicht die Schweizerinnen? Wir haben den Entscheid gefällt, die Schweizerinnen zweimal am Wochenende (Freitag und Sonntag) spielen zu lassen. Der Ticketverkauf gibt uns bislang recht. Folglich eröffnen die Französinnen am Donnerstag den Venue Basel. Die Schweiz hat dafür die Möglichkeit, die sechs EM-Tage in Basel mit einem Feuerwerk abzuschliessen.
In ihrem ersten Spiel trifft die Schweiz auf die Färöer. Hast Du gejubelt bei der Auslosung? Klar, es hätte schwierigere Lose gegeben. Was mich aus organisatorischer Sicht freut: Die Färingerinnen verfügen über lautstarke Fans. Der Verband hat schon angekündigt, dass rund 400 bis 500 nach Basel reisen werden. Das wird ein Fest.
Blicken wir voraus. Freitagabend, 29. November 20.30 Uhr. Die Schweiz greift in die Heim-EM ein. 6000 Fans in der Halle und die Handball-Nation zuhause vor dem TV. Wie fühlt sich Roger Keller dann? Ich bin wohl irgendwo auf der Tribüne. Meine Anspannung bei Anpfiff wird riesig sein. Meine Erwartungshaltung auch. Aber ich freue mich sehr auf diesen Abend!
Deine Prognose zum Abschluss: Was traust du der Schweiz sportlich zu? Vieles. Aber ich wünsche mir am Dienstagabend auf jeden Fall dieses Finalspiel um einen Hauptrundenplatz gegen die Kroatinnen.
Inside Roger Keller
Der Mann atmet den Schweizer Handball. Ein Leben lang. Zwischen 1982 und 1990 warf Roger Keller in exakt 100 Länderspielen 146 Tore für die Schweiz. Dazwischen streckte der heute 63-Jährige mit ZMC Amicitia dreimal den Schweizer Meisterpokal in die Höhe. Auch nach seiner Aktivzeit blieb Keller seiner grossen Leidenschaft verbunden. Bis 2014 besass der in Otelfingen ZH wohnhafte zweifache Familienvater zahlreiche Mandate beim Schweizerischen Handball-Verband, unter anderem organisierte er das Marketing der Männer-EM 2006. Auf internationaler Bühne war Roger Keller auch schon Floor Manager beim Final Four in Köln und 10 Jahre lang EHF-Marketingsupervisor in der Champions League. Seit Juli 2014 fungierte Roger Keller ein ganzes Jahrzehnt als Leiter Marketing&Events. Ob beim Smalltalk in der VIP-Loge, in stundenlangen Telefon-Marathons oder beim Anbringen von Bodenklebern – Roger Keller half entscheidend mit, dass der Schweizer Handball auch neben dem Spielfeld wieder salonfähig wurde. Die Leitung Events gab der gebürtige Stadtzürcher vor einigen Jahren an Marco Muccione weiter, den Marketing-Stab überreichte er diesen Sommer an Chantal Wick und widmet sich in diesen Monaten als SHV-Projektleiter komplett der WOMEN’S EHF EURO 2024.
Spielplan Basel
Donnerstag, 28. November
18.00 Uhr: Spanien-Portugal
20.30 Uhr: Frankreich-Polen
Freitag, 29. November
18.00 Uhr: Schweiz – Färöer
20.30 Uhr: Dänemark – Kroatien
Samstag, 30. November
15.30 Uhr: Polen – Portugal
18.00 Uhr: Frankreich – Spanien
Sonntag, 1. Dezember
15.30 Uhr: Kroatien – Färöer
18.00 Uhr: Dänemark – Schweiz
Montag, 2. Dezember
18.00 Uhr: Polen – Spanien
20.30 Uhr: Portugal – Frankreich
Dienstag, 3. Dezember
18.00 Uhr: Färöer – Dänemark
20.30 Uhr: Kroatien – Schweiz
Tickets unter ticketcorner.ch
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