Schweizerinnen zu müde für den Exploit
Niederlage im ersten Spiel der Hauptrunde für die Schweiz: Gegen Deutschland kann das Team von Headcoach Knut Ove Joa nicht mehr an die Leistungen der Partien in Basel anknüpfen. Es sind diverse Faktoren, die letztlich zu der deutlichen Niederlage führen. Am Samstag treffen die Schweizerinnen in der zweiten Hauptrundenpartie auf Slowenien.
Text: Ernesto Piazza Fotos: Kolektiffimages
Am Ende steht in einem ersten EM-Hauptrundenspiel einer Schweizer Frauen-Nationalmannschaft überhaupt eine Niederlage mit neun Toren Differenz zu Buche. Das Team von Headcoach Knut Ove Joa verliert gegen Deutschland mit 27:36 (14:18). Es ist müssig darüber zu rätseln, ob gegen diesen Gegner mehr drin gelegen wäre. Fakt ist, dass die Schweiz einige ihrer Stärken, die sie in Basel noch so stark machte, in der Wiener Stadthalle (noch) nicht abrufen konnte. So stellt Manuela Brütsch nach der Partie fest: «Ich bin von unserer Leistung enttäuscht.» Für die 40-jähriige Torhüterin, die einige Jahre selber in der deutschen Bundesliga spielte und diverse Gegnerinnen natürlich gut kennt, war es «die bisher schlechteste Partie von uns im Verlauf dieser EM.» Dennoch zieht sie aus der Niederlage auch Positives. «Die Jungen können aus solchen Spielen viel lernen.»
Dabei ist bei Deutschland gerade in der ersten Viertelstunde ein gewisser Druck festzustellen. Längst nicht alles läuft bei unserem nördlichen Nachbarn nach Wunsch. Auch, weil ein Sieg über die Schweiz absolute Pflicht war, wollte man die Option «Halbfinale» nicht bereits jetzt gänzlich aus den Augen verlieren. Denn in der Gruppenphase gab es gegen die Niederlande eine überraschend klare 22:29-Niederlage und daher startete man wie die Schweiz mit keinen Punkten in die Hauptrunde. An Olympia 2024 in Paris hatte Deutschland Platz acht belegt. An der WM 2025 wird das Halbfinale angestrebt. Markus Gaugisch, der am 1. Juli 2022 das Team als neuer Nationaltrainer übernommen hatte, soll dafür verantwortlich sein. An der EM 2024 will man einen weiteren Schritt auf dem Weg zur Spitze machen.
«Physisch an unsere Grenzen gestossen»
Knapp 20 Minuten können die Schweizerinnen (10:10/19.) die Partie in Wien offen gestalten. Doch nach einem Timeout und einem anschliessenden 4:0-Lauf lenken die Deutschen die Begegnung in die für sie passende Richtung. Nachdem die Schweizerinnen zur Pause mit vier Toren zurückliegen, misslingt ihnen der Start zur zweiten Hälfte gänzlich. Mal für Mal scheitern sie an der deutschen Torfrau Sarah Wachter. Nach sieben Minuten hat sich Deutschland bereits mit neun Toren abgesetzt. Diese Differenz besteht auch am Schluss.
Über viele Phasen des Spiels fehlt dem Team von Headcoach Knut Ove Joa in der Deckung der Zugriff. Im Angriff lässt man zu viele Möglichkeiten liegen, auch freie Würfe bringen sie nicht im gegnerischen Tor unter. Die Quote der technischen Fehler ist zu hoch. Die mentale und körperliche Frische fehlt. Das ist aber nicht weiter verwunderlich. Am Dienstagabend spät in Basel noch gespielt und Kroatien in einem denkwürdigen Finale aus dem Turnier geworfen, stand am Mittwoch um die Mittagszeit bereits der Flug nach Wien auf dem Programm. Die Emotionen konnten nach der Parforceleistung überhaupt nicht wirklich verarbeitet werden. Und dann, ohne wirklichen Ruhetag, folgte schon die nächste Herausforderung in einem völlig neuen Turnierumfeld.
Knut Ove Joa stellt hinterher denn auch fest: « Physisch wurden uns heute die Grenzen aufgezeigt. Wir kamen nie wirklich ins Spiel.» Doch der Headcoach schaut bereits wieder nach vorne. «Jetzt müssen wir den Ruhetag bestmöglich mit Regeneration und Training nutzen.» Für Kerstin Kündig fehlte die Überzeugung im Angriff. Gepaart mit einigen Fehlern zu viel, habe dies schon in der ersten Halbzeit zu einer Hypothek geführt. «Moralisch sind wir da nach der Pause nicht mehr rausgekommen.» Allerdings sieht die Regisseurin in dieser Begegnung auch einen grossen Lerneffekt.
Wenn es der Schweiz zudem gelingt ihre Energiespeicher am freien Tag erneut aufzuladen, wird am Samstag, 15.30 Uhr (live auf SRF) wieder eine andere Mannschaft in der Wiener Stadthalle auf der Platte stehen. Gegen Slowenien dürfte die Messlatte für Punkte jedoch ebenfalls hoch liegen. Wobei der nächste Schweizer Gegner bisher auch noch keine Zähler auf dem Konto hat. Zum Start zur Hauptrunde gab es gegen die Niederlande eine 22:26-Niederlage. Zudem vermochte sich Slowenien für diese Partien erst nach einem hartumkämpften Spiel gegen Österreich zu qualifizierten. Und damit gegen ein Team, das die Schweiz zuletzt im Rahmen des EHF Euro Cups zweimal bezwingen konnte.
SCHWEIZ - DEUTSCHLAND 27:36 (14:18)
Stadthalle Wien; 2182 Fans, SR: Covalciuc/Covalciuc (ROU)
SCHWEIZ: Schüpbach (3 Paraden), Brütsch (7); Wick, Kündig (1 Tor), Wolff, Frey, Schmid (8), Emmenegger M. (6), Gautschi (2), Baumann (2), Goldmann (3), Kähr, Riner (3), Altherr, Bucher (1), Bächtiger (1).
DEUTSCHLAND: Wachter (10 Paraden), Filter (6); Grijseels (5), Engel (3), Antl (1), Thomaier, Smits (5), Bölk (4), Lott (2), Maidhof (4), Döll, Behrend (3), Hauf (6), Huhnstock, Bleckmann, Behnke (3).
Strafen: 2x2 Minuten gegen die Schweiz und 2x2 Minuten gegen Deutschland.
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