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Ich habe diesen Schritt überhaupt nicht bereut


Tamara Bösch stellt sich der Herausforderung «Deutsche Bundesliga» und fühlt sich im neuen Umfeld wohl. Sportlich ist die 27-jährige Linkshänderin allerdings zu einer Auszeit gezwungen.

Es war für sie kein einfacher Entscheid. Als Tamara Bösch sich anfangs Jahr plötzlich mit der Möglichkeit konfrontiert sah, künftig in der Deutschen Bundesliga zu spielen, machte ihr diese neue Situation einiges Kopfzerbrechen. In St. Gallen alles aufgeben und nach Leipzig ziehen, musste gründlich überlegt sein. Immerhin galt es Familie und Freunde zurück zu lassen, Wohnung und Job zu kündigen, und «mit Brühl ein tolles Team zu verlieren», sagt sie. Die 27-Jährige nahm sich die Zeit, um vor Ort auf ihre Fragen entsprechende Antworten zu suchen und letztlich auch zu finden. So, dass sie schliesslich mit einem «guten Gefühl» einen Zweijahresvertrag unterschrieb.

Es bleibt ihr plötzlich viel Zeit

Und nach einem halben Jahr Handball in Sachsen «habe ich diesen Schritt überhaupt nicht bereut», betont die 174 Zentimeter grosse Linkshänderin. In diesem Umfeld Handball zu spielen sei eine super Erfahrung. Arbeitete sie in St. Gallen noch mit einem 90-Prozent-Pensum im kaufmännischen Bereich und investierte sehr viel Zeit und Herzblut in ihr Hobby, ist sie beim HC Leipzig eine von diversen Profis. «Das war eine Umstellung», verrät sie. Im Gegensatz zum eng getakteten Fahrplan in der Schweiz, bleibt ihr – auch trotz grösserem Trainingsumfang – plötzlich viel Zeit. Das sei vor allem am Anfang ein komisches Gefühl gewesen. Doch Tamara Bösch schätzt und geniesst diese Momente.

Bei zweimaligem Training pro Tag ist die Regenerationszeit sowieso ein wichtiger Aspekt. Vor allem als die Champions-League-Partien englische Wochen forderten. Das könne an die Substanz gehen, wenn man oft solchen Strapazen – auch beispielsweise mit Reisen nach Russland - ausgesetzt sei, sagt das Energiebündel.

Kurze Wege

In Leipzig hat Tamara Bösch zudem den Zugang zum Kochen gefunden. Und sie mag es, stets neue Rezepte auszuprobieren. Weiter schätzt die 27-Jährige, dass ihre Freundin mit vor Ort ist, als Lehrerin arbeitet. Privatsphäre ist der Österreicherin wichtig. Doch nicht nur: Gerne trifft sie sich auch mit Teamkolleginnen. Im selben Haus, wo sie wohnt, haben zwei Mitspielerinnen ihre Bleibe.

Angetan ist Bösch auch von der Stadt im Osten Deutschlands. Vom pulsierenden Leben genauso wie vom Ambiente. Speziell in den Sommermonaten. Dann, wenn laue Abende draussen zum Verweilen einladen. Nur 300 Meter trennen ihr neues Zuhause von der Sporthalle. In 10 Minuten ist sie mit dem Velo sowohl im Zentrum wie im Grünen: In den Parks tankt sie auf. Das sei perfekt.

Nach Verletzung im Januar wieder zurück

Handballerisch ortet die Linkshänderin «grosse Unterschiede» zur Schweiz. «Die Athletik sei in der Bundesliga ausgeprägter, das Spiel schneller.» Während in der SPL1 vor allem die Begegnungen zwischen den Spono Eagles, Brühl und Zug mit grosser Intensität geführt würden, «musst du hier in jedem Spiel voll gehen», sagt sie.

Momentan ist in Deutschland – genauso wie in der Schweiz – Nationalmannschaftspause. Für Tamara Bösch zieht sich die Spielabstinenz allerdings schon etwas länger hin. «Am 26. Oktober ist es beim Spiel gegen Celle passiert», erinnert sie sich noch ganz genau. Die Bewegungen im Knie hätten sich plötzlich komisch angefühlt. Doch der erste Verdacht Kreuzbandriss habe sich glücklicherweise nicht erhärtet. Nach der Meniskusoperation ist sie bereits voll in der Rehabilitation, im Aufbautraining. Verschiedene Therapieformen während vier bis fünf Stunden pro Tag sollen dafür sorgen, dass sie im Januar wieder zurück ist.

Sportlich steht Leipzig im vorderen Mittelfeld und damit nicht dort, wo man hinwollte. Im Pokal ist man ebenfalls ausgeschieden. «Doch «extrem viele Verletzte», sagt Tamara Bösch, verhindern momentan das Erreichen der geplanten, ambitionierteren Ziele. Im EHF-Cup ist Leipzig aber noch dabei. «Wir nehmen jetzt Spiel für Spiel», sagt sie. Dazu kommt, dass momentan in der Mannschaft ein personeller Umbruch stattfindet. Sogar 16-jährige Spielerinnen kämen zum Einsatz.

Als Handballprofi Lebensunterhalt verdienen

Dennoch sagt Tamara Bösch, die im Oktober auch wieder für Österreich spielte: «Für mich passt es. Ich kann in einem super Team, in einem stimmigen Umfeld als Handballprofi spielen.» Und mit dem Sport, den sie so sehr liebt, momentan ihren Lebensunterhalt verdienen. Die 27-Jährige hat die neue Herausforderung zwar nicht gesucht. Dennoch ist sie glücklich diesen Schritt gewagt zu haben.

Am letzten Wochenende war sie seit Juni erstmals wieder für drei Tage in der Schweiz. Zu diversen ehemaligen Mitspielerinnen pflegt sie nach wie vor gute Kontakte. Und wer die mit einer starken Persönlichkeit ausgestattete Teamplayerin kennt, der weiss: Wieder zurück auf dem Spielfeld wird sie erneut angreifen. Nur zu gerne möchte Tamara Bösch nicht nur mit Brühl St. Gallen Titel gewinnen.

Text: Ernesto Piazza

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